In Gottes Ewigkeit geht nichts verloren. Hier ist das, was wir als Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft erleben, einfach da, zugleich da wie in einem großen Raum, der für alles einen geordneten Platz hat. Hier ist auch das aufgehoben, was wir schon vergessen haben. Es hat seinen Platz und genau bestimmten rechtmäßigen Ort. So verstehen wir auch, dass es wichtig ist, jeden Augenblick nicht einfach so dahinzuleben, sondern bewusst zu leben. Weil jeder Augenblick nur in unserer menschlichen Zeit vergeht, bei Gott aber bleibt.
„Hört Gott wirklich alle unsere Gebete?“, werde ich gefragt.
Ja, antworte ich ohne Zögern kurz und knapp.
„Erhört Gott auch unsere Gebete?“
„Das kommt darauf an“, sage ich.
Was gibt es eigentlich im Leben, das uns richtig satt zu machen versteht? Es gibt Tage im Leben, von denen wir zehren. Viele von uns hängen die Bilder dieses Tages darum in ihrer ganzen Wohnung auf: Bilder vom Hochzeitstag beispielsweise oder der Geburt oder Taufe eines Kindes. Von solchen Ereig-nissen im Leben zehren wir. Aber es gibt neben den großen Ereignissen auch die kleinen Momente im Leben, die uns erfüllen und ganz ruhig und zufrieden machen können:
Das Schauen in ein Gesicht vermag uns satt zu machen.
Ein seelenvolles Lachen.
Ein Handschlag voll Wärme.
Eine liebevolle Geste.
Ein kurzes Halten am Arm.
Ein Kuss.
Ein gutes Wort, uns zum Heil gesprochen.
Ja, das ganz besonders: ein gutes Wort!
Christen sollten durch ihren Glauben die Gabe der Unterscheidung besitzen. Darauf kommt es an, dass wir das Gute vom Bösen zu unterscheiden lernen. Und dass wir das Beten um das Gute unterscheiden lernen vom Beten um das Nichtige oder gar Böse. Denn eben das vermag das heidnische Herz so noch nicht. Das heidnische Herz nennt das gut, was ihm selbst einen momentanen Vorteil verschafft. Das heidnische Herz hat noch ganz einen eigenen kleinen Egoismus und noch nicht das große Ganze im Blick.
Die Ruhe ist das Ziel des ganzen Lebens: Wir alle wollen eingehen in die große Ruhe Gottes.
Diese Ruhe ist jedoch kein ewiger Schlaf und keine Todesstarre, sondern ein höchst lebendiges Ruhen, das mehr dem Genießen gleichkommt.
Was Jesus tut, ist mit dem Einsatz seiner ganzen Leibeskraft zu beten: „Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Das ist nicht etwa einfach ein verzweifelter sinnloser Schrei der Gottverlassenheit, sondern der machtvolle Anfang des 22. Psalmgebets, den Jesus am Kreuz als seinen Sterbepsalm betet.
Es steht uns Christen gar nicht an, einem freudlosen Kulturpessimismus zu verfallen. Zu unserem Glauben passt auch keine fatalistische Endzeitstimmung, mit der wir uns selbst und unsere Zeit gerne so wichtig nehmen. Sondern unser Glaube an den Anbruch der Endzeit ist ganz und gar in das helle Licht von Ostern getaucht.
Wenn wir nicht müde sind, sondern munter und lebenslustig, dann spüren wir, dass das wohl kaum alles sein kann. Dann stellen wir uns das ewige Leben viel lebendiger vor: als den Inbegriff des guten Lebens schlechthin. Dann denken wir an all das Gute und Schöne, das wir jetzt schon erleben dürfen.
Könnte das nicht der Vorgeschmack sein auf das, was uns dereinst auch im ewigen Leben erwarten wird, nur dann noch vollkommener, ungetrübter und schöner?
In England gab es eine Sekte, die nur aus zwei Personen bestand: Die Sektengründerin und ihre Haushälterin. Bei einem Interview wurde die Gründerin einmal von einem Reporter gefragt, ob sie wirklich der Meinung sei, dass nur sie und ihre Haushälterin in den Himmel kämen. Da schaute die Dame den Reporter aufmerksam an, senkte ihre Stimme und sagte: ´Also ehrlich gesagt - bei meiner Haushälterin bin ich mir nicht so sicher.´
Wer dem Glaubensbekenntnis des Johannes folgt, bekommt daher nicht bloß eine bequeme Botschaft zu hören. Denn die Rede vom Lamm verweist die Welt zugleich auch auf ihre Sünde, von der sie doch lieber nichts hören will.