Predigten 2014
Der Apostel sagt es gerade heraus:
Ihr sollt nicht über das Datum des Weltendes spekulieren und Euch dabei vergeblich den Kopf zerbrechen, sondern darüber, was Ihr mit Eurer begrenzten Lebenszeit anfangen könnt.
Die Hoffnungsvollen, das sind Menschen, die wirklich eine Hoffnung in sich tragen. Es ist nicht entscheidend, ob sie davon reden oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass wir es wirklich spüren können, dass ein Licht in ihren Herzen leuchtet. Menschen, die in Freud und Leid mitgehen können, wohin der Geist Gottes sie gerade führt. Solche Menschen sind ein Geschenk für uns. Es rüstet Kinder fürs Leben aus, wenn sie Erwachsenen begegnen, die einen Horizont von Zukunft haben, der über ihr eigenes begrenztes Leben hinausreicht. Und wie schwer lastet dagegen die Hypothek der Hoffnungslosigkeit auf Kindern, wenn sie instinktiv spüren, dass ihre Eltern keinen Glauben für die Zukunft und keine Vision in sich tragen.
Die Hoffnungsvollen sind die Lichtträger, die uns den Weg weisen auch durch finstere Zeiten hindurch.
Es ist gut, dass wir in Kohelet, dem Prediger Salomo, in unserer Bibel ein Buch haben, in dem das Gefühl der Vergänglichkeit aller Dinge nicht verschwiegen wird. Denn das kann ja allzu leicht geschehen, dass wir die Schwermut als Tabu behandeln, die in einem frommen Leben nicht vorkommen darf. Als ob der Glaubende immer fröhlich und frohgemut, immer voller Hoffnung und Zuversicht sein könnte. Als ob diese Anfechtung der Melancholie nicht auch ein Teil unseres Glaubenslebens wäre.
Politisches Einmischen kann und darf sich freilich nur dann evangelisch nennen, wenn es im Geist Christi geschieht. Damit werden bestimmte politische Positionen per se ausgeschlossen: nämlich Positionen, die auf Gewalt, Hass und Ausgrenzung setzen.
Als der russische Kosmonaut Juri Gagarin 1961 als erster Mensch in den Weltraum flog und die Erde umkreiste, hat er den neunmalklugen Satz gesagt: „Ich bin in den Weltraum geflogen, aber Gott habe ich dort nicht gesehen!“
Ja, Menschenskind, Gagarin, wie soll das denn auch gehen?
Nicht alle Weisen werden wie König Salomos verehrt. Manch ein Weiser wird von den Toren bedroht. Manch einer wird ins Abseits gedrängt. Und der weiseste Mensch von allen – Jesus – er wurde gekreuzigt von denen, die nicht wissen, was sie tun. Und dennoch gibt es keinen andern Weg, der für uns als Christen gangbar wäre, als den Weg, die Weisheit zu suchen und als Weise zu leben.
Nach christlichem Verständnis ist jeder Christ zur Seelsorge an seinem Bruder und seiner Schwester berufen. Einer soll den andern erbauen und stärken, wie schon der Apostel Paulus in seinem Brief an die Thessalonicher schreibt: Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.
Der Sonnengesang von Franz von Assisi ist ein Lobpreis auf Gottes Schöpfung. So inniglich fühlt sich Franz von Assisi verbunden mit der ihn umgebenden Natur, dass er die Geschöpfe seine Geschwister nennt. Bruder Sonne und Schwester Mond, Bruder Wind und Schwester Wasser, Feuer und Erde, Tiere und Pflanzen – mit ihnen allen fühlt er sich auf eine geschwisterliche Weise verbunden, weil alle ein und denselben Vater im Himmel haben.
Nach der biblischen Erzählung wird dem Menschen bereits zu Anfang eine aktive Aufgabe in der Schöpfung zugewiesen. Das Paradies ist kein undurchdringlicher Urwald, naturbelassen und gefährlich, sondern eine friedliche Kulturlandschaft, in der der Mensch wie in einem urbar gemachten Garten lebt. In Eden ist der Mensch kein reiner Müßiggänger und kein Faulpelz in Schlaraffenland, sondern er ist ein Gärtner, der den Garten bebaut, gestaltet und bewahrt. Der Mensch hat darin etwas zu tun, aber er muss noch nicht schuften und sich plagen. Eine paradiesische Arbeit, die sich wohltuend von der Plackerei jenseits von Eden unterscheidet.
Die Frage „Wann hast Du Dein Leben an Christus übergeben?“ macht daher nur für einen Teil der Christen Sinn. Denn nicht alle haben eine Biographie, die der Bekehrungsgeschichte des Paulus ähnlich ist. Es gibt einen großen andern Teil unter uns, der ist in dieses Leben mit Christus geradezu natürlich und organisch hineingewachsen. Ja, eigentlich ist ja genau das unser angestrebtes Ideal, das wir mit jeder Kindertaufe neu mit Hoffnung erfüllen. Wir wünschen uns, dass unseren Kindern harte Krisen und Wendepunkte im Leben möglichste erspart bleiben mögen. Wir wünschen uns, dass sie sanft und organisch mit hineinwachsen sollen in ein gutes gerechtes Leben, das nicht den unheilvollen Tod, sondern das ewige Leben mit Christus als Zielpunkt vor Augen hat.
Weil es das gibt, weil Worte zum Guten oder zum Bösen eingesetzt werden können, darum dürfen wir Worte nicht ungefiltert an unsere Seele lassen, sondern müssen die Geister unterscheiden! Wir müssen unterscheiden, wer spricht, in welchem Moment ein Wort fällt und in welcher Absicht es gesprochen ist. Wir müssen unterscheiden lernen, ob es Worte der Wahrheit und der Liebe sind oder Worte der Dummheit, Ahnungslosigkeit oder gar der Falschheit und Bosheit.
Nein, nicht jeder, der in jedem Moment die Ruhe weg hat, hat automatisch schon Geduld im guten Sinne. Sondern nur der hat im echten Sinne Geduld, der noch in der Spannung auf Gottes heilvolle Zukunft ausgerichtet ist. Der sich vom Leben noch etwas erwartet Der noch gespannt ist auf das, was kommt. Der sich noch sehnsüchtig ausstreckt nach dem Heil.
Der Glaube ist kein wankelmütiges Vermuten und bloßes Meinen, das leicht zu verunsichern und umzustimmen wäre.
Wenn der Glauben also eine
Gewissheit ist, warum ist er dann aber nicht einfach mit Wissen identisch?
Weil es hier um etwas geht, was gar nicht Gegenstand unseres Wissens sein kann, weil es die Grenzen unseres Wissens selbst überschreitet, und zwar im zeitlichen und räumlichen Sinne: Hier geht es um den Ursprung der Welt – um das, was am Anfang von allem war, was kein Mensch je gesehen und miterlebt hat. Hier geht es um den Sinn und das Ziel dieses Lebens - um das, was jetzt und für immer Bestand hat, aber was jetzt kein Mensch völlig abschätzen, geschweige denn schauen kann.
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Wahrer Glaube zeigt sich erst dann, wenn es eine schwere Prüfung zu bestehen gibt. Wenn im Leben alles wie am Schnürchen läuft, wenn es keine Widerstände von außen und innen gibt, wenn sich eine Gebetserfüllung an die andere reiht, muss sich der Glauben noch nicht bewähren. Zur echten Bewährung gelangt der Glaube erst dann, wenn es anders kommt, als wir erwartet haben. Wenn die Erfüllung unserer Erwartungen und Wünsche sich nicht einstellt. Dann entscheidet sich, wie sicher der Grund ist, auf dem wir stehen. Ob wir nur Schönwetterchristen gewesen sind oder ob wir auch mit unserem Glauben in Wind und Wetter bestehen können.
Die Stimmen der Anfechtung sind nicht Gottes Stimme.
Der Unterschied zwischen rein und unrein gilt nicht mehr. Die Grenze zwischen Juden und Heiden wird überschritten. Die sozialen Mauern zwischen den Menschen einer Volksgruppe sind aufgehoben. Und auch die für die ganze Antike gültige Trennlinie zwischen Mann und Frau wird aufgebrochen. In einer bis dahin noch nie gekannten Weise wird jedem Menschen das gleiche Zugangsrecht zur Glaubensgemeinschaft und die gleiche Würde als religiöse Person zuerkannt.
Gegen alle Gepflogenheiten, gegen Anstand und Sitte der damaligen patriarchalischen Gesellschaft nötigt Lydia Paulus, Silas und Timotheus als Gäste in ihr Haus zu kommen. Und der Apostel und seine Begleiter erweisen einer Frau die Ehre.
Hier bekommt Paulus dogmatische Kopfschmerzen.
Statt eine neue Sintflut über das Böse kommen zu lassen, hat Gott einen besseren Plan gefasst. Den Plan einer neuen Arche.
Wisst Ihr, welche ich meine?
Dietrich Bonhoeffer hat in seiner Ethik mit großem Nachdruck darauf hingewiesen, daß das bisherige traditionelle Denken, das die Welt in zwei Räume aufteilt, in Christus nicht mehr geben darf.
Dieses traditionelle Denken in zwei Räumen besagt:
Hier Heiliges – dort Unheiliges.
Hier Reines – dort Unreines.
Hier Volk Gottes, Israel – dort Heidentum.
Hier Kirche – dort Welt.
Und zwischen beiden darf es keinen Austausch geben.
Diese Entgegensetzung zweier Räume gilt seit Christus nicht mehr!